PM | SPK-Reformvorschläge des Wissenschaftsrates aus der kulturpolitischen Mottenkiste

8. Juli 2020

Zu den Reformempfehlungen des Wissenschaftsrates die Stiftung Preußischer Kulturbesitz betreffend erklären Claudia Roth, Sprecherin für Auswärtige Kulturpolitik, und Erhard Grundl, Sprecher für Kulturpolitik:

Dass die Strukturempfehlungen des Wissenschaftsrates, vor der offiziellen Vorstellung am kommenden Montag bereits durchgestochen wurden, wirft ein schlechtes Licht auf die durchaus begründeten Forderungen nach einer Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK). Das Ziel scheint der Aufbau einer Organisationsstruktur zu sein, die vor allem der Kulturstaatsministerin mehr Einflussnahme auf die Abteilungen der SPK ermöglicht. Gefordert wird die Abwicklung einer der größten und renommiertesten Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen weltweit. Zudem soll die föderale Förderstruktur aufgelöst werden. Die Länder sind, laut den bekannt gewordenen Vorschlägen, nicht mehr in die Finanzierung der SPK involviert. Damit konzentriert sich die Einflussnahme auf die fünf Einrichtungen der Stiftung künftig noch stärker beim Bund. Lediglich das ohnehin klamme Land Berlin soll weiterhin in die Finanzierung der Staatlichen Museen Berlin eingebunden werden. Wenn im Bericht zugleich und richtigerweise auf die unzureichende Finanzierung der Stiftung hingewiesen wird, kann das wohl kaum der richtige Weg sein.

Kleinteiligere Strukturen sollen das Ziel sein, wobei die oder der Bundesbeauftragte für Kultur und Medien künftig überall stärker die Finger im Spiel hätte. Dass eine große Kulturstiftung wie die SPK mit ihren historisch gewachsenen Entscheidungsstrukturen dringend reformbedürftig ist, steht außer Frage. Die Stiftung steht zurecht in der Kritik bezüglich ihrer behäbigen Entscheidungsstrukturen, der langsamen Aufarbeitung von Sammlungsgut aus kolonialem Kontext und auch was den Stand der Digitalisierung angeht. Und natürlich ist auch ihr Name nicht nur aus der Zeit gefallen, sondern bedarf dringendst der Erneuerung. Dennoch, in Zeiten, in denen Vernetzung groß geschrieben wird, wirkt der Vorschlag wie ein Springteufel aus der neoliberalen Mottenkiste. Ganz zu schweigen davon, dass die Zerschlagung zu einer Vervielfachung der Verwaltungsstrukturen führt. Entscheidend ist, dass ihre Stiftungsstruktur der SPK die notwendige Unabhängigkeit in ihrer wissenschaftlichen Arbeit und Kulturarbeit verschafft hat und sie widerständig gegen politische Einflussnahme aller Art macht. Ein hohes Gut, das es unbedingt zu bewahren gilt.

Im Evaluationsbericht ist zu Recht vom „eindrucksvollen Engagement der Stiftungsleitung“ die Rede. Dem wird das Vorab-Durchstechen des Berichts nicht gerecht. Es drängt sich vielmehr die Vermutung auf, dass hier von politischer Seite schnell Fakten geschaffen werden sollen. Es ist dringend geboten, dass dem Bericht und seinen Empfehlungen jetzt eine fundierte öffentliche Debatte mit allen Beteiligten über die Reform der SPK folgt.


„Kritische Reaktionen auf das Gutachten zur SPK“, Tagesspiegel, 08.07.2020

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