PM | Corona-Hilfen für Kulturschaffende?

4. Januar 2021
Die verheerende Bilanz für Bayern unter Söder & Co

Die kulturpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, Sanne Kurz aus München und der kulturpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Erhard Grundl aus Straubing, ziehen gemeinsam eine Bilanz der Corona-Hilfen für die Kulturbranche in Bayern, sowie eine Bewertung des von der Staatsregierung am 18. Dezember aufgelegten Hilfsprogramms „Solo 2020“:

Seit Mai 2020 hat der bayerische Ministerpräsiden Markus Söder in mindestens fünf Pressekonferenzen und etlichen Regierungserklärungen immer wieder Hilfsmaßnahmen des Freistaats für die Künstlerinnen und Künstler sowie die Kulturbranche angekündigt. Hilfsprogramme wurden nach zähem, mehrmonatigem Warten tatsächlich aufgelegt, aber immer wieder mussten die Betroffenen bei Antragsstellungen feststellen: „Für wen auch immer, es ist nicht für mich!“

 

Programme unpassend für Betroffene

Die Staatsregierung musste selbst trotz mehrmaligen Nachbesserns die Mängel in den eigenen Programmen einräumen. Diese Mängel führten dazu, dass viele Künstlerinnen und Künstler bei den Hilfen leer ausgingen, etliche stellten frustriert erst gar keinen Antrag. Söder versprach Künstlerinnen und Künstlern sowie Soloselbständigen im Freistaat am 21. Oktober in einer live im BR ausgestrahlten Pressekonferenz endlich, sich am „fiktiven Unternehmerlohn für Selbständige“ in Baden-Württemberg zu orientieren, wo diese Unterstützung zur wirtschaftlichen Bewältigung der Pandemie gezahlt wird. So sollte den bisher durchs Raster der Hilfen Gefallenen endlich geholfen werden. Die immer größer werdende Diskrepanz zwischen der institutionell geförderten Kultur und der Freien Szene sollte endlich verringert werden.

Eine Woche vor Weihnachten dann die „Frohe Botschaft“ für die Soloselbständigen in der Kulturbranche und Kreativwirtschaft: Der fiktive Unternehmerlohn, in Höhe des nicht-pfändbaren Existenzminimums von 1180€ und laut Markus Söder „orientiert an Baden-Württemberg“, soll kommen. Rückwirkend bis Oktober 2020.

 

Endlich alles gut? – Leider nein!

Wie ein Treppenwitz liest sich für die Betroffenen das Kleingedruckte: In Bayern können sie eben nicht wie versprochen bis zum Ende der Pandemie Hilfe erhalten, sondern nur bis maximal 31. Dezember 2020. Was danach kommt?! Das bleibt wieder einmal der Fantasie der Kreativen überlassen.

Das Programm ist in einem weiteren entscheidenden Punkt auch nicht „orientiert an Baden-Württemberg“. Es gilt nicht generell für alle Soloselbständigen, denen pandemiebedingt die Einnahmen weggebrochen sind. Vollmundige Versprechen wurden erneut nicht gehalten und das zermürbt die Hilfesuchenden fast genauso sehr wie die Auswirkungen der Pandemie.

 

Stichtag 31.12. 2020: „Ab heute gibt es in Bayern – wieder – keine Künstlerhilfen mehr“

Doch auch für die drei Monate Hilfe, die nun zumindest den Soloselbständigen der Kulturbranche für Verdienstausfälle gewährt werden sollen, läuft es ruckelig. Beschämend, wenn man bedenkt, wie viel Zeit nach dem Hilfe-Fehlstart vom Sommer gewesen wäre und verheerend, wenn man bedenkt, dass vielen in Folge der Corona-Maßnahmen Einnahmen seit März fehlen.

Ein Beispiel: Bei Antragstellung für das jüngste Hilfsprogramm „Solo 2020“ werden die Betroffenen jetzt per Mail aufgefordert, ihre Verdienstausfälle in einer Stundentafel zu beziffern. Ganz offensichtlich ist in der Staatskanzlei nicht bekannt, dass in der Kultur- und Kreativwirtschaft (Designerinnen, Journalistinnen, Fotografinnen usw.) nur sehr wenige Menschen auf Basis eines Stundenlohns arbeiten. Der überwiegende Teil verdient das Geld durch den Verkauf von Nutzungsrechten, durch Werk- oder Gagenverträge.  Auch können so keine Ausfälle beziffert werden, die durch nicht-zu-Stande-gekommene Buchungen ausgefallen sind. Seit März wurde im Kulturbereich und der Kreativszene kaum mehr geplant, da vor allem die Veranstaltungswirtschaft befürchten muss, bei erneuten Corona-bedingten Einschränkungen auf allen Planungskosten sitzen zu bleiben.

Waren es im Frühjahr noch zwei kostbare Monate, die zwischen dem Hilfe-Versprechen von Markus Söder und der tatsächlichen Möglichkeit, Hilfen zu beantragen, vergingen, hofften die Betroffenen jetzt bei der Neuauflage auf einen Lerneffekt bei der bayerischen Staatsregierung. Drei Wochen nach Auslaufen der „bayerischen Künstlerhilfe“ folgte erneut eine Södersche Ankündigung, hofften erneut Tausende, wurden doch wieder zwei Monate lang Kreative mit ihren Familien in der Luft hängen gelassen. Zu Jahresende steht Bayern vor der traurigen Tatsache, dass in zehn Monaten Pandemie bei maximalem Ankündigungs-Einsatz, letztendlich kärglich geholfen wurde und den Betroffenen immer nur äußerst kurze Atempausen beim Kampf um die Existenzsicherung gegeben wurden.

 

CSU-FW-Regierung: Totalausfall auch in Sachen Wirtschaft

Einen Totalausfall in Sachen Corona-Kultur-Krise liefert die Staatsregierung aber nicht nur in sozialer, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht: Im Jahr 2018 erwirtschafteten knapp 400.000 Beschäftigte der bayerischen Kultur- und Kreativwirtschaft einen Umsatz von rund 37,5 Mrd. Euro. Mit einem Anteil von 3,3 % an der Gesamtwirtschaft des Freistaats liegt er damit deutlich über den bundesdeutschen Durchschnitt (2,6%). Bei Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger sollte also die Hütte brennen. Kreativwirtschaft retten, knapp 50.000 Unternehmen und Selbständige vor dem Ruin bewahren, sollte Alltag sein. Leider warten die bayerischen Schaustellerinnen und Schausteller genauso wie eine ehemals boomende Veranstaltungsbranche vergeblich auf Signale aus dem Ministerium von Herrn Aiwanger.

Verbände der Kreativwirtschaft, wie etwa die SPIO (Spitzenorganisation der Filmwirtschaft mit über 1100 Mitgliedsfirmen), Gewerkschaften und Selbständigen-Verbände kritisieren diese mangelhafte Unterstützung.

Nach 10 Monaten Pandemie, den angekündigten und den gewährten Hilfen, sind nach wie vor die Soloselbständigen, sowie Menschen in der freien Kulturszene in Bayern als Hauptbetroffene auszumachen – oftmals verloren im Dschungel der nicht passenden Förderprogramme. Ihnen bleibt die Rolle der Bittstellerinnen und Bittsteller. Das muss sich endlich ändern.

 

Unsere Forderungen für dauerhafte Stabilisierung der Kulturszene Bayerns

Wir schlagen daher für Bayern die umgehende Einführung eines Existenzgeldes nach dem Modell „fiktiver Unternehmerlohn in Baden-Württemberg“ in Höhe von bis zu 1200€, rückwirkend bis März 2020 vor.

Wir schlagen die sofortige Einrichtung dezentraler Notfall-Beratungsstellen vor.

Und wir schlagen vor, für Kulturveranstaltungen oder Messen in Bayern Planungssicherheit zu ermöglichen durch einen Schutzschirm in Form eines Ausfall-Fonds analog zum Ausfall-Fonds der Filmindustrie, der bei Corona-bedingten Absagen die bis dahin angefallenen Ausgaben ersetzt.

 

Existenzgeld, Beratungsstellen, Ausfall-Fonds: Bayern als Wegweiser im Bund

Natürlich ist es notwendig, diese Punkte nicht nur in Bayern, sondern bundesweit umzusetzen. Bayern als Kulturstaat und Leistungsträger mit Spitzenposition kann und sollte hier Vorbildfunktion einnehmen und mutig vorangehen. Die CSU regiert im Bund mit und steht in der Verantwortung! Wir fordern den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder daher auf, gemeinsam mit den CSU-Kabinettsmitgliedern in der Bundesregierung, auf eine Umsetzung unserer Forderungen hinzuwirken.

 

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