PM | Altmaiers Ankündigungen: Fata Morgana oder Hilfen auch für Kulturschaffende und Kreative?

26. Mai 2020

Zur Ankündigung von Wirtschaftsminister Peter Altmaier, mittelständische Betriebe und Solo-Selbständige stärker zu unterstützen, erklärt Erhard Grundl, Sprecher für Kulturpolitik von Bündnis 90/Die Grünen und Obmann im Kulturausschuss:

Viele Hilfsprogramme haben sich besonders für Kulturschaffende bei näherer Betrachtung als Fata Morgana entpuppt. Das darf nicht nochmal passieren. Bundeswirtschaftsminister Altmaier kündigte nun Hilfe an für Soloselbständige, Freiberufler*innen sowie für mittelständische Betriebe aus allen Wirtschaftsbereichen mit bis zu 249 Mitarbeiter*innen. Gezahlt werden sollen bis zu 50.000 Euro im Monat. Damit könnten auch diejenigen in der Kultur- und Kreativbranche, die bisher leer ausgingen, entscheidende Corona-Hilfe erhalten. Vorausgesetzt, das Geld kommt dort an, wo es gebraucht wird.

Die Kultur- und Kreativwirtschaft weist mit 21 Prozent einen hohen Anteil von Freiberufler*innen, (Solo-)Selbständigen und Honorarkräften auf. Die Trennung zwischen Betriebs- und Lebenshaltungskosten, wie sie die Soforthilfen bisher vorsehen, entspricht dabei nicht ihrer Arbeitswirklichkeit. Meistens verfügen sie weder über Büros noch können sie große Betriebsmittel steuerlich absetzen. Vielmehr sind ihre Betriebsmittel immateriell. Was sie schaffen, ist das Produkt ihrer Fähigkeiten und ihrer Kreativität. Leben und arbeiten, Atelier oder Probenraum und Wohnzimmer sind oft eins. Es muss daher sichergestellt werden, dass die angekündigten Mittel auch als sogenannter Unternehmerlohn bei Soloselbständigen für den Lebensunterhalt genutzt werden dürfen. Fehler bei den Hilfspaketen dürfen nicht wiederholt werden.

Nach jetzigem Kenntnisstand sieht Altmaiers Vorschlag zudem vor, dass lediglich bis zu 80% der Fixkosten von den Hilfen übernommen werden dürfen. Für viele Kultureinrichtungen und auch Kulturschaffende wird es fraglich sein, woher sie die notwendigen 20% nehmen sollen, wenn sie noch geschlossen haben müssen oder keine Aufträge haben. Dieses Modell schützt nicht vor Pleiten. Es muss die Regelung gelten, dass die Hilfen für 100% der Fixkosten genutzt werden können, wenn keine Einnahmen erzielt werden können.

Zudem muss bei den Fördervoraussetzungen berücksichtigt werden, dass bei Kulturschaffenden produktive Arbeitsphasen und Einkünfte nicht kongruent sein müssen. Oft gehen Honorare oder Verkaufserlöse erst viel später und in unregelmäßigen Abständen ein. Die Bundesregierung will in ihren Hilfen jedoch nur die Umsatzeinbußen der Monate April und Mai 2020 mit denen des Vorjahres vergleichen. Häufig sind jedoch erst später erhebliche Einbußen aufgetreten oder das Jahreseinkommen wird in wenigen Monaten des Jahres generiert (etwa bei Festivals). Was Kulturschaffende wirklich erwirtschaften, kann also nicht in zwei Monaten abgebildet werden.

Entscheidend ist zudem, dass Altmaiers Hilfen bis zum Jahresende verlässlich zugesagt werden. Nur das schafft Planungssicherheit und die Voraussetzung dafür, dass die Kultur- und Kreativbranche uns jetzt und künftig wach, kritisch und kreativ bereichern kann.

 

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