Rede | Bundeskulturhaushalt 2021 Generaldebatte

30. September 2020

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179. Sitzung

TOP 1 Epl 04 Generaldebatte Bundeshaushalt | Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt

Das Wegducken bei Soloselbstständigen, die durch das schwarz-rotes Raster der Corona-Hilfen fallen, ist unerträglich.
Bis Ende August wurde lediglich ein Prozent der Mittel aus den Überbrückungshilfen des Wirtschaftsministeriums ausgezahlt, d.h. die Kulturmilliarde kommt nicht an!
Was jetzt an kultureller Infrastruktur, an Vielfalt, an Kreativität verloren zu gehen droht ist nicht Schnickschnack, ist nicht „nice to have“.
Es ist die DNA unserer vielfältigen und weltoffenen Gesellschaft. Dafür müssen wir tatsächlich Geld einsetzen.
Protokoll des Deutschen Bundestags:

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Erhard Grundl.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erhard Grundl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! 1 Milliarde Euro für NEUSTART KULTUR – dafür kann man sich schon mal selbst feiern. Aber wer sich nach dieser Feierstunde umblickt, sieht heute einen meterhohen Scherbenhaufen. Die Veranstaltungsbranche, die Schaustellerinnen und Schausteller, die Clubbetreiberinnen und Clubbetreiber, die Festivals, die Schauspielerinnen und Schauspieler, gerade auch die mit Handicap – die Liste ist ewig lang -: Nach sechs Monaten Pandemie stehen die künstlerischen Existenzen dieser Menschen auf des Messers Schneide, und die Bundesregierung zuckt nur mit den Schultern. Das kann nicht angehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Tatsache ist: Sie, meine Damen und Herren Koalitionäre, sind bereit, Geld auszugeben, aber es kommt nicht an. Dass bis Ende August lediglich ein Prozent der Mittel aus den Überbrückungshilfen des Wirtschaftsministeriums ausgezahlt wurde, ist dabei der traurige Negativrekord. Die Antragsverfahren sind zu bürokratisch, zu weit weg von der Lebensrealität der Betroffenen. Das ist ein handwerklicher Offenbarungseid, den die Betroffenen gerade in der Kreativbranche nicht länger hinnehmen können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ganz schwer erträglich ist es, wie Sie sich bei den Soloselbstständigen wegducken. Diese fallen durch ihr schwarz-rotes Raster. Es ist höchste Zeit, dass Sie sich mit der Lebenswirklichkeit dieser Menschen auseinandersetzen. Was die Soloselbstständigen jetzt brauchen, sind Zuschüsse, auch zu den Lebenshaltungskosten, in Form eines Selbstständigengeldes in Höhe von 1 200 Euro monatlich – und das bundesweit und sofort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Doris Achelwilm (DIE LINKE))

Manche Landesregierungen haben das nämlich tatsächlich hinbekommen und könnten als Vorbild dienen, die Landesregierung von Baden-Württemberg zum Beispiel. Am anderen Ende der Skala steht die Söder-Regierung in Bayern. Die hat es leider nicht hinbekommen.

Meine Damen und Herren, was jetzt an kultureller Infrastruktur, an Vielfalt, an Kreativität verloren geht, ist nicht Schnickschnack, es ist nicht nice to have, sondern es ist die DNA unserer vielfältigen und weltoffenen Gesellschaft. Dafür müssen wir tatsächlich Geld einsetzen, aber so, dass es auch bei den Künstlerinnen und Künstlern ankommt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Doris Achelwilm (DIE LINKE))

Und an die Adresse all derer, die jetzt den sparsamen Dagobert geben wollen, möchte ich sagen: Ja, man kann sparen, wenn man eine klare Agenda hat. Man kann sparen, etwa am Wiederaufbau des Turms der Potsdamer Garnisonkirche. In Zeiten, in denen die Preußen-Verklärung ein ungutes Revival erlebt, baulich manifestiert in der von Friedrich Wilhelm erdachten unsäglichen Kuppelinschrift, die seit Mai dieses Jahres tonnenschwer und bleiern auf unserem Humboldt Forum lastet, sollten wir sehr klar sein in unseren Botschaften. Frau Staatsministerin Grütters, beenden Sie endlich die Geheimverhandlungen um Ausgleichsforderungen mit den Hohenzollern!

Meine Damen und Herren, wir sollten uns hier auf die Tugenden eines streitbaren Parlaments und einer engagierten öffentlichen Debatte sowie einer Gesetzeslage besinnen, die uns mit der Unwürdigkeitsklausel im Ausgleichsleistungsgesetz ein gutes Instrument an die Hand gibt,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

das mit einem klaren Auftrag verbunden ist, nämlich nicht denjenigen nachzugeben, die dem deutschen Nationalsozialismus erheblich Vorschub geleistet haben, sondern Gerechtigkeit herzustellen gegenüber denjenigen, die durch Nationalsozialisten und deren Wegbereiter, durch Krieg und Verfolgung alles verloren haben.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

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