Rede | Bundeskulturhaushalt 2020 Generaldebatte

11. September 2019

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111. Sitzung
TOP 1 Epl 04 Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt

 

Die GroKo investiert Geld in die Garnisonkirche, ein Identifikationsobjekt für nationalsozialistische und rechte Kreise, – und zieht dafür Mittel für Musik, Literatur, Tanz und Theater in der Fläche und innovative Festivals ab. Das ist der falsche Ansatz!

Knapp 600 Soziokulturellen Zentren fehlen Sanierungsmittel – dabei entsteht genau dort kulturelle Vielfalt in Sub-, Jugend- und Gegenkulturen.

Wir werden uns in den kommenden Haushaltssitzungen dafür einsetzen, diese Zentren zu stärken! Dann kann die Regierung zeigen, wie wichtig ihr Kultur in der Fläche und Soziokultur wirklich sind.

 

Zum Hintergrund: „Wiederaufbau der Garnisonkirche in Potsdam“, PNN, 11.09.2019

Das Protokoll des Bundestags:

 

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vom „Kampffeld Kultur“ schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ im August und führte auf zwei Seiten traurige Chronik darüber, wie Kultureinrichtungen in Deutschland von Rechtsaußen unter Druck gesetzt werden. Die Palette reicht von Boykottaufrufen bis hin zu Morddrohungen. Immer wieder maßt sich die ahnungslose, aber eingriffswillige Kulturpolitik der Rechtsextremen in den bundesdeutschen Parlamenten an,

(Zuruf von der AfD: Niemand ist hier rechtsextrem!)

hier Urteile zu fällen; wir haben es gerade wieder erlebt.

In einer freiheitlichen, offenen Gesellschaft heißt Kulturpolitik in erster Linie, sich als die Hand zu verstehen, die Kultur fördert ohne Gegenleistung, möglich macht ohne Gängelung, die Hand, die im Zweifelsfall auch gebissen wird. Der Kulturhaushalt muss hier in seinen Botschaften und in seiner Zielsetzung klar sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Simone Barrientos (DIE LINKE))

Zunächst einmal sinkt der Etat. Das mag stellenweise durch auslaufende Kulturprojektförderung begründet sein. Aber dass gerade die Zuschüsse im Bereich Musik, Literatur, Tanz und Theater um 14,6 Millionen Euro gekürzt werden, also gerade die Kulturförderung, die in die Fläche geht, das ist der falsche Ansatz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dagegen sind bei einem umstrittenen Projekt wie dem Neubau der Garnisonkirche vorerst 12 Millionen Euro Bundesmittel für den Turmbau vorgesehen; diese Mittel sollen jetzt um weitere 6 Millionen Euro erhöht werden, und das, obwohl die Stadt Potsdam derzeit keine einheitliche Haltung zum Neubau der Garnisonkirche hat. Wir lehnen den Einsatz von Bundesmitteln, um historisierende Kulissen zu produzieren, ab – noch dazu, wenn es sich um nationalistische Identifikationsobjekte handelt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Ich fordere ein Moratorium für die vorgesehenen 12 Millionen Euro, und ich fordere Sie auf, die zusätzlichen 6 Millionen Euro zu stoppen.

Aus Erinnerung und Aufarbeitung, aus dem Wissen, wo wir geschichtlich herkommen, entsteht eine Erzählung über unser Land. Kultur entsteht nicht abgeschottet innerhalb von nationalen Grenzen, wie es Herr Brinkhaus in einem Interview kürzlich verlauten ließ. Wer von Leitkultur spricht, meint nicht Kultur in ihrer Vielfalt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wer von Leitkultur spricht, der meint das Futter für die Angsthasen, der meint Gängelung und Einfalt. Zu dieser Art von Kultur werden wir nie die Hand reichen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Wir stehen für Kultur für alle, Kultur in der Fläche, in den Regionen.

Der Kulturhaushalt verschließt die Augen vor knapp 600 sanierungsbedürftigen soziokulturellen Zentren in ganz Deutschland. Sie streichen Mittel für wichtige, innovative Festivals wie die Pop-Kultur in Berlin, c/o pop Köln oder das jazzahead! in Bremen. Das hat nichts mit Zukunft zu tun, das ist eine Bankrotterklärung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, seit sechs Jahren verhandelt der Bund mit den Hohenzollern über Ausgleichszahlungen, unter anderem auf Grundlage des Ausgleichsleistungsgesetzes. Ziel der Verhandlungen ist nach Auskunft von Frau Grütters eine dauerhafte Gesamtlösung. Dieses Gesetz schließt eine Leistungsberechtigung dann aus, wenn der grundsätzlich Berechtigte dem nationalsozialistischen System erheblich Vorschub geleistet hat. Dass das im Fall der Hohenzollern so war, ist vielfach belegt.

(Beifall bei der LINKEN)

Zahlreiche Historikerinnen beklagen sich zudem, dass das Hausarchiv der Hohenzollern der Geschichtsforschung nicht frei zugänglich ist. Der Vorwurf, dass auf diese Weise Einfluss darauf genommen werden soll, wie deutsche Geschichte umgeschrieben werden wird, ist nicht von der Hand zu weisen.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.

Erhard Grundl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Es ist aus meiner Sicht höchste Zeit, dass der Bundestag und die Parlamente in Berlin und Brandenburg offiziell über den Stand der jahrelang im Geheimen geführten Verhandlungen informiert werden; das ist eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

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